Die tiefere Lehre der Kata

 

Kata enthalten viele Botschaften, die nicht offensichtlich sind, aber eine Fülle von Wissen bieten.

Dieses Wissen bezieht sich nicht nur direkt auf die Kata selbst, sondern geht darüber hinaus und beeinflusst und formt die Art und Weise, wie der Karateka in der Gesellschaft denkt und handelt.

Es ist ein unsichtbarer und schleichender Prozess, der den Charakter entscheidend verändert.

Die präzise Ausführung der Techniken verlangt vom Karateka, dass er sich intensiv mit ihnen auseinandersetzt. Dies ist ein sehr wichtiger Aspekt für den Erfolg im Leben: die Liebe zum Detail.

Diese Art der Auseinandersetzung ist nur dann effektiv, wenn ein zweiter wichtiger Aspekt hinzukommt: die Kontinuität des Übens, um die erreichte Präzision zu automatisieren. Auf diese Weise wird die genau gewünschte Bewegung oder Haltung vom Körper ausgedrückt – spontan, ohne nachzudenken und ohne den Verstand einzubeziehen – also einfach automatisiert.

Das Zusammenspiel von Detailtreue und ständigem Üben formt den Menschen auf psychologischer Ebene, so dass er beginnt, der zu werden, der er ist, wenn er die Kata übt. Bei der Arbeit, beim Einkaufen, in der Freizeit wird dieser Karateka mit der Zeit seine Gewohnheiten dem Verhalten im Dōjō anpassen.

Die verschiedenen Rhythmen in der Kata wirken sich auch auf den Charakter aus. Es gibt schnelle und langsame Passagen. Schnelle Passagen sind nicht immer gleich schnell, genauso wie langsam ausgeführte Bewegungen einer unterschiedlichen Geschwindigkeit unterliegen. Die Beobachtung und Verinnerlichung dieser Phasen folgt bestimmten Kampfhandlungen. Der Energieaufwand variiert also je nach Situation. Auch ein ganzer Arbeitstag braucht Pausen, um die Batterien wieder aufzuladen. Ruhephasen sind oft entscheidend für gute Ergebnisse! 

Bunkai (das Verstehen einer Technik oder Kata) ist der offensichtlichste Aspekt der Bedeutung der in der Kata ausgeführten Techniken. Es vervollständigt die Kenntnis der Kata.

Es ist wie das Sehen jenseits des Sehens. Jede Sicht der Kampfkunst ist eine persönliche Interpretation. Ab einem gewissen Niveau muss sie den eigenen Fähigkeiten angepasst werden. Dazu muss der Karateka einen Schritt weiter gehen: Er muss das Gelernte über die Interaktion mit einem Partner hinaus erweitern.

So ist das Leben: Unsere Gedanken und Ideen treffen immer auf andere Menschen in einer Gesellschaft. Die Art und Weise, wie wir damit umgehen, positioniert uns in der Gesellschaft. Die entschlossene Handlungsweise, die das Bunkai lehrt, beeinflusst auch den Karateka in diesem Sinne: entschlossen, zielorientiert, aber respektvoll und überlegt.

Aus den oben genannten Gründen, die den Karateka bereichern können, wenn er/sie es zulässt, ist mein Rat, die Kata in ihren erweiterten Aspekten zu verstehen und zu üben. In der japanischen Gesellschaft ist die Kata überall präsent: von der Teezeremonie (sadō oder chadō) bis zur Art und Weise, wie Blumenarrangements (ikebana) oder Kalligraphien (shodō) gemacht werden. Und darüber hinaus.

 

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